Konstruktion

Die hervorragenden Eigenschaften von GMN Kugellagern sind das Ergebnis technisch anspruchsvoller Qualitätsmerkmale, die maximale Leistungsgrenzen erreichen. Unterschiedliche Maßnahmen bei der Konstruktion, wie die Vorspannung oder eine Mehrfachanordnung der Lager, wirken Leistungseinschränkungen entgegen und steigern die Leistungsfähigkeit der Lagerung.

Vorspannung von Lagern

Die Vorspannung wird definiert als konstant wirkende axiale Krafteinwirkung auf ein Kugellager, die eine elastische Verformung im Berührungsbereich von Kugeln und Laufbahnen erzeugt.

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Axiale Krafteinwirkung auf das Lager 

Leistungsoptimierung durch Vorspannung

Die Montage von Kugellagern mit starrer oder mit federnder Vorspannung optimiert zahlreiche Leistungsmerkmale für den Lagerbetrieb.

  • Reduzierte Federung stellt die Erzeugung einer definierbaren radialen und axialen Steifigkeit sicher (siehe Diagramm)
  • Hohe Laufgenauigkeit/Bearbeitungsgenauigkeit auch bei wechselnden Belastungen
  • Reduzierte Schwingungen und Laufgeräusche
  • Vermeidung von Schlupf und Mischreibung im Wälzkörperkontakt bei hohen Drehzahlen und hoher Beschleunigung
  • Reduzierte Gleitreibungsanteile bei hohen Drehzahlen (reduzierte Berührungswinkel-Änderung zwischen Innen- und Außenring)
  • Steigerung der Belastbarkeit (durch äußere Lasten und Drehzahlen) bei hoher Lebensdauer
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Nicht vorgespanntes Lagerpaar 
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Vorgespanntes Lagerpaar 

Steifigkeit

Die Steifigkeit definiert die Größe der axialen Krafteinwirkung [N] auf ein Kugellager, die eine Verschiebung der Lagerringe um 1 μm zueinander verursacht.

Die geeignete Vorspannung steigert die Lager-Steifigkeit und unterstützt die Belastbarkeit der Lagerung gegen einwirkende Kräfte.

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Vorspannung, Steifigkeit 

Abhebekraft

Als Abhebekraft wird die Kraft definiert, bei der ein Lager durch eine zentrisch auf einen Lagersatz wirkende Axiallast lastfrei wird.
Überschreitet die äußere axiale Belastung die Abhebekraft…
…sind die Kugeln und die Laufbahnen des entlasteten Kugellagers nicht mehr ständig im Kontakt.
…erhöht sich der Verschleiß durch zunehmende Gleitreibung.

Federvorspannung

Konstruktive Merkmale:

  • Lager 1 (Arbeitsseite) ist im Gehäuse axial fixiert, Lager 2 ist axial beweglich angeordnet (fester Sitz der Innenringe auf der Welle)
  • Die Federkraft auf den Außenring des Lagers 2 sichert eine konstante Vorspannung für beide Lager
  • Die erforderliche Feder-Vorspannung wird über den Federweg konstruktiv eingestellt (Weg-Kraft-Funktion entsprechend der Federkennlinie)
  • Für einwandfreie Vorspannungsergebnisse ist eine ausreichende, axiale Beweglichkeit des angestellten Außenringes am Loslager erforderlich
  • Die Ausrichtung der Anstellfeder erfolgt in Wirkungsrichtung der äußeren Axialbelastung
  • Bei Einsatz von Einzellagern: < ~> , können unabgestimmte Lager verwendet werden
  • Bei Einsatz von Lagern in Tandem-Anordnung ( << ~>> ) gewährleisten Lager gleicher Abstimmung ( L, M oder S ) eine gleichmäßige Lastverteilung

Eigenschaften:

  • Die Vorspannung resultiert – unabhängig von Drehzahl und Temperatur – ausschließlich aus der Federkraft
  • Die Federkraft bewirkt eine gleich hohe Vorspannung von Lager und Gegenlager
  • Wärmedehnungen von Welle und Gehäuse haben keinen Einfluss auf die Vorspannung
  • Federvorgespannte Lagersysteme ermöglichen höchste Drehzahlen
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Starre Vorspannung: Einzellager

Konstruktive Merkmale:

  • Lager 1 (Arbeitsseite) und Lager 2 sind axial und radial fixiert (fester Sitz der Innenringe auf der Welle bzw. der Außenringe im Gehäuse)
  • Die Anlageflächen der Umbauteile an Innen- und Außenring haben gleiche Länge und sind planparallel
  • Um die vordefinierte Vorspannung zu erreichen, ist eine Abstimmung der jeweiligen Lager erforderlich

Eigenschaften:

  • Erheblich höhere axiale sowie radiale Steifigkeit (im Vergleich zur Federvorspannung)
  • Bei steigender Reibungswärme infolge zunehmender Drehzahlen erhöht sich die Vorspannung und reduziert sich die Drehzahlgrenze (im Vergleich zur Federvorspannung)
  • Die theoretische Drehzahlgrenze kann auf Basis der Drehzahl-Korrekturfaktoren berechnet werden
  • Temperaturdifferenzen zwischen Welle (Innenring) und Gehäuse (Außenring) führen zu Vorspannungsänderungen durch Wärmedehnungen
  • Weist die Welle eine höhere Temperatur auf als das Gehäuse, reduziert sich das Radialspiel im Lager
  • Sehr hohe Temperaturdifferenzen und kleine Kontaktwinkel können radiale Verspannung verursachen
  • Bei geringem Lagerabstand verursacht ein Temperaturgefälle von Welle zu Gehäuse unter Umständen eine Zunahme der Vorspannung
  • Bei großem Lagerabstand bewirkt ein Temperaturgefälle von Welle zu Gehäuse unter Umständen eine Reduzierung der Vorspannung
  • Bei der Auslegung der Lagerung ist die Veränderung der Vorspannung im Betriebszustand zu berücksichtigen

Für die komplexe Berechnung der erforderlichen Lagervorspannung stellt GMN Softwarelösungen zur Verfügung, die unter Berücksichtigung langjähriger Praxiserfahrungen zu zuverlässigen Vorspannungsergebnissen führen.

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Starre Vorspannung: Lagersätze

Die Anordnung mehrerer Lager zu sogenannten Lagersätzen steigert Tragfähigkeit, Steifigkeit und Abhebekraft.

Dabei beträgt die radiale Steifigkeit für alle Anordnungen:
bei α = 15°: Crad ~ 6 · Cax
bei α = 25°: Crad ~ 2 · Cax

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Bsp.: Lagersatz mit 3 Lagern in TBT Anordnung 
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* Referenzwerte für Lagerpaare in O- oder X-Anordnung (siehe Lagerdaten).
Betriebsbedingte Einflüsse (z. B. Drehzahl, Last) sind nicht berücksichtigt.

Mehrfachanordnung mit 2 Lagern (Lagerpaare)

Bei starrer Lagervorspannung bieten abgestimmte Lagerpaare in O-, X- oder Tandem-Anordnung für eine Vielzahl von Anwendungsfällen eine effektive wirtschaftliche und technische Lösung.

O-Anordnung (DB)

Drucklinien laufen in Richtung der Lagerachse auseinander

  • Große Stützbasis (H) und hohe Steifigkeit gegen Kippmomente
  • Axiale Kraftaufnahme in beiden Richtungen
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Lagerpaar in O-Anordnung

X-Anordnung (DF)

Drucklinien laufen in Richtung der Lagerachse zusammen

  • Unempfindlich gegen Fluchtungsfehler
  • Reduzierte Stützbasisgröße und Kippsteifigkeit
  • Axiale Kraftaufnahme in beiden Richtungen
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Lagerpaar in X-Anordnung

Tandem-Anordnung (DT)

Parallele Anordnung zur Lastrichtung

  • Höhere axiale Belastbarkeit (Faktor 2) als ein Einzellager
  • Beide Lager weisen den gleichen Berührungswinkel auf und
    werden gegen ein drittes Lager angestellt
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Lagerpaar in Tandem-Anordnung

Merhfachanordnung mit 3 oder mehr Lagern (Lagersätze)

Bei maximalen Anforderungen an die Systemsteifigkeit oder hohen Belastungen erzielen X-, O- oder Tandem-Anordnungen mit 3 oder mehr Lagern hervorragende Leistungseigenschaften.

Anordnungen mit 3 Lagern

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Lagersätze in verschiedenen Anordnungen

Anordnungen mit 4 Lagern

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Zwischenringe

Leistungsoptimierung durch Zwischenringe

Eine differenzierte Optimierung einzelner Qualitätsmerkmale von gepaarten Lagern kann durch die Montage von Zwischenringen (Distanzringe) erzielt werden. Die Breite des Zwischenrings entspricht mindestens der Breite eines Einzellagers.

Eigenschaften:

  • Vergrößerung der Stützbasis (H) und Erhöhung der radialen Steifigkeit
  • Optimierung der Wärmeabfuhr
  • Verbesserte Lagerschmierung durch optimierte Ölzu- und -abfuhr
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Zwischenringbreite ≥ Einzellagerbreite

Konstruktive Merkmale:

  • Material: 100 Cr6 o. ä., gehärtet (mind. 45 HRC)
  • Es ist auf eine gute Planparallelität der Zwischenringe zu achten (siehe auch Genauigkeit der Umbauteile)
  • Die erforderliche Planparallelität von äußerem und innerem Zwischenring wird durch Planschleifen beider Ringe in einer Aufspannung sichergestellt
  • Bei Lagersätzen mit Zwischenringen (z.B. <||<||>||>) wird der Distanzring zwischen den Lagern mit unterschiedlichen Drucklinienverläufen abgeschliffen und somit die Vorspannung abgestimmt

 

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Distanzring zwischen unterschiedlichen Drucklinienverläufen

Änderung der Vorspannung durch Zwischenringe

Zwischenringe ermöglichen eine Änderung der Vorspannung bereits abgestimmter Kugellager.
Ist die Breite des Wellen-Zwischenrings geringer als die Breite des Gehäuse-Zwischenrings, …
…erhöht sich die Vorspannung bei der O-Anordnung.
…verringert sich die Vorspannung bei der X-Anordnung.

Neben weiteren Informationen finden Sie das erforderliche Differenzmaß der Zwischenringe für eine Änderung der Vorspannung eines bestimmten Lagers im Technischen Informationsblatt „Änderung der Vorspannung L-M-S“ im Downloadbereich.

Berührungswinkel & Abstimmgenauigkeit

Berührungswinkel ⍺0

Der Winkel der Geraden zwischen den Kontaktpunkten: Innenringlaufbahn – Kugel – Außenringlaufbahn und der Radialebene definiert den Berührungswinkel.

Der Berührungswinkel ist in Abhängigkeit von radialer Lagerluft (Radialspiel) und Schmiegung der Laufbahnen konstruktiv festgelegt.

Belastungsübertragungen zwischen beiden Lagerringen wirken über die Kontaktpunkte der Laufbahnen mit den Kugeln.

Eine gleichmäßige Lastverteilung auf die Einzellager von Lageranordnungen setzt den gleichen Berührungswinkel aller belasteten Lager voraus.

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Standard-Berührungswinkel C (15°) und E (25°) 
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Der Berührungswinkel ändert sich betriebsbedingt durch…

…äußere Krafteinflüsse.
…innere Krafteinflüsse
(Fliehkraft von Innenring und Kugeln bei hohen Drehzahlen).
…Innenringpassungen.
…Temperaturdifferenzen von Innenring zu Außenring.
Abweichungen des Berührungswinkels verursachen Veränderungen
der Lagereigenschaften, die den Lagerbetrieb beeinflussen.

Bei zunehmendem Berührungswinkel…

…nimmt die axiale Steifigkeit zu.
…nimmt die maximal zulässige Drehzahl ab.
…nimmt die radiale Steifigkeit ab.

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Weitere Berührungswinkel sind auf Anfrage lieferbar. 

Genauigkeit der Umbauteile

Richtwerte für Wellenpassungen/Form- und Lagetoleranzen (DIN EN ISO 1101)

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Optimierung der Passung bei hohen Drehzahlen

Bei zunehmenden Drehzahlen (ab ca. n · dm = 1,5 · 106 mm/min) kann die progressiv steigende Zentrifugalkraft eine Aufweitung des Innenrings bewirken und zu Funktionsbeeinträchtigungen führen, z. B.:

  • Rutschen des Innenrings am Kontakt zur Welle und an den Anlageflächen
  • Passungsrost
  • Schwingungen

Um einem Abheben des Innenrings entgegenzuwirken, wird eine festere Passung empfohlen.

Korrekturfaktoren für das Übermaß von Lager-Bauformen und Lager-Baureihen:

  • SM 60..: 1
  • SM 619..: 1,10
  • KH 60..: 1,05
  • KH 619..: 1,15
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Gültig für Vollwelle. Für Hohlwelle (50%): Korrekturfaktor = 0,8

Zusammenspannen von Lagersätzen

Leistungsoptimierung durch Präzisionsmuttern

Die Verwendung von Präzisionsmuttern für die Zusammenspannung der Lager(-sätze) unterstützt eine optimale Nutzung der Leistungskapazität von GMN Hochpräzisions-Kugellagern.

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Zusammenspannen von Lagern mittels Präzisionsmutter

Auslegung:

Die sorgfältige Montage mit Präzisionsmuttern verhindert durch
Mikrobewegungen verursachte Kontaktkorrosion.

  • Die Planseiten der Mutter rechtwinklig zum Gewinde von Mutter und Welle schleifen, um eine Verkippung der Lager oder Verbiegung der Welle zu verhindern (max. 2 μm Planlauftoleranz)
  • Präzisionsmutter auf der Welle fixieren (gegen Losdrehen)
  • Zwischenscheiben/-büchsen müssen planparallel gefertigt sein (max. 2 μm)

Eine ausreichend hohe axiale Zusammenspannkraft fixiert die Lager in der geplanten Position und stellt die erforderliche Vorspannung, Präzision und Steifigkeit der Lagerung sicher.

Montage:

  • Gewinde leicht einölen
  • Präzisionsmuttern mit dem 2- bis 3-fachen des SOLL-Anzugsmoments festdrehen, anschließend wieder lösen und mit SOLL-Anzugsmoment befestigen (Kompensation temperaturbedingter Maßänderungen von Innenringen und Setzungen)
  • Der erforderliche Pressverband mehrerer Lager (axial) und die erforderliche Überwindung von Reibungswiderstand bei Presssitz der Lager auf der Welle (radial) sind durch das 2- bis 3- fache primäre
    Anzugsmoment gewährleistet
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Werte für Zusammenspannkräfte und Anzugsmomente sind erfahrungsbasierte Richtwerte und können je nach Anwendung abweichen.